16. FORSI Sicherheitswirtschaftstage
Die vom 22.-23. Oktober in Kooperation mit dem Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) veranstalteten 16. FORSI Sicherheitswirtschaftstage stellten gleichzeitig die Auftaktveranstaltung des an die Europa-Universität Viadrina gezogenen Foschungsdepartements für Unternehmenssicherheit und Sicherheitswirtschaft (FORSI) dar. Unter dem Leitthema „Sicherheitswirtschaft – wachsende Bedeutung, wachsender Anspruch?!“ diskutierten hochkarätige Gäste aus verschiedenen Bereichen der Sicherheitsbranche. Auch Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière erkannte die Relevanz der Tagung und übernahm die Schirmherrschaft.
Tag 1, 22.10.2015 - Wachsende Bedeutung, neue Bedrohungen und Aufgaben für die Sicherheitswirtschaft
Eröffnung und Begrüßung
Als Repräsentant der Europa-Universität Viadrina begrüßte Kanzler Christian Zens die Gäste im Senatssaal und lobte die enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, die besonders effektiv durch FORSI zum Tragen kommt und seit diesem Jahr Teil der Viadrina ist. Anschließend wurde das Grußwort des Bundesministers des Innern Dr. Thomas de Maizière verlesen in der der Bundesinnenminister ebenfalls die Wichtigkeit dieser Diskussionsplattform hervorhob: „Lassen Sie uns deshalb diese Strukturen gemeinsam mit der Privatwirtschaft ausbauen und festigen, um im vertrauensvollen Dialog weitere präventive Maßnahmen zu entwickeln. Dafür brauchen wir starke Partner wie Sie und Foren des Austauschs wie die Sicherheitswirtschaftstage.“
Der Gründer von FORSI, Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Rolf Stober, schlug mit seiner Rede die Brücke zu den beiden letzten beiden Standorten Hamburg und Berlin und führte die Teilnehmer in die Entwicklung und Geschichte des Forschungsdepartements bis zum Umzug an die Oder ein. Schließlich unterstrich Martin Lebrenz, der Pressesprecher der Stadt Frankfurt (Oder) in seinem Grußwort die besondere internationale Vernetzung des Standortes und verwies dabei auf die hervorragende Zusammenarbeit mit den polnischen Behörden aus Słubice, die gerade im Bereich der Sicherheitspolitik zum Vorschein kommt.
Als letzter hieß der Veranstalter Prof. Dr. Bartosz Makowicz alle Gäste, Teilnehmer und Referenten an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) herzlich willkommen.
„Neue Bedrohungen für die Unternehmen, neue Aufgaben für die Sicherheitswirtschaft“
Das erste Panel der Konferenz bot den Teilnehmenden unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang B. Schünemann einen umfassenden Einblick zur aktuellen Lage in der Sicherheitswirtschaft.
Mit den Stichwörtern Globalisierung und Digitalisierung begann Bodo Becker vom Wirtschaftsschutz des Bundesamts für Verfassungsschutz seinen Vortrag und fasste aktuelle Sicherheitsgefahren in und um die Bundesrepublik Deutschland zusammen. Er unterstrich dabei, dass wir uns durch die Verflechtung der Märkte auf immer gravierendere sicherheitsrelevante Folgen einstellen müssen, die sich global in Krisen, Vertreibung und Flucht äußern. In diesem Zusammenhang berge auch die weltweite digitale Vernetzung enorme Angriffsmöglichkeiten, insbesondere durch Cyberspionage und Cybersabotage, so Becker.
Manfred Buhl betonte als Geschäftsführer der SECURITAS vor allem das Problem des demographischen Wandels und der fortschreitenden Technisierung innerhalb der Sicherheitsbranche, die einen Paradigmenwechsel nötig mache. Des Weiteren sei die Asylproblematik zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht überschaubar, denn die Abschiebungen würden die Sicherheitskräfte noch vor beträchtliche Herausforderungen stellen.
Dirk Fleischer vom Chemiekonzerns Lanxess stellte dem Publikum dar, welche Probleme ein global operierendes Unternehmen zu bewältigen habe. Angefangen beim einfachen Fahrraddiebstahl, über Industriespionage und Cyber Fraud bis hin zu Terrorismus gehören jene Problemstellungen zum Alltagsgeschäft.
Von den Erkenntnissen des Brandenburgischen Instituts für Gesellschaft und Sicherheit (BIGS) berichtete Alexis Below. Dazu zählten neben den bereits erwähnten Megatrends der Branche, die weltweite demographische Entwicklung und die Urbanisierung. Zusätzlich ergänzte er die Liste um weitere Gefahren, die von Drohnen und technischen Fusionen ausgingen sowie den 3D-Druck, der in Zukunft z.B. durch das Drucken von Waffen eine erhebliche Bedrohung darstellen könne.
„Fußball und Sicherheit“
Das zweite Panel des Tages eröffnete Dr. Harald Olschok, Hauptgeschäftsführer des BDSW. Als Moderator stellte er die Experten zur Sicherheit beim Fußball vor. Dabei machte der Sicherheitsbeauftragte des DFB, Hendrik Große Lefert, den Anfang und erörterte neben der Struktur des Verbandes das neue DFB-Qualifizierungskonzept für Ordnungsdienste im Profifußball, das durch die moderne, modulare Schulung der Ordner der ersten drei Spielklassen einen einheitlichen Standard gewährleisten solle. Bei einem Durschnitt von 43.100 Zuschauern in der 1. Bundesliga pro Saisonspiel und insgesamt 308.300 Ordnern, muss seiner Meinung nach die Hürde der gesetzlichen Anerkennung sobald wie möglich durchgesetzt werden, um eine bundesweite Richtlinie zu schaffen, die für die Qualität der Ordner garantieren soll.
Nachfolgend präsentierte Lars Mühlbradt, Sicherheitsbeauftragter des SV Werder Bremen, wo die praktischen Gefahrenquellen im Bundesligaalltag zu finden seien. Die menschliche Komponente sei dabei der anfälligste Teil innerhalb des Sicherheitssystems und erfahre durch mangelnde Regelungen und hohe Fluktuationsraten unter den Ordnern keine Verbesserung. Daher sprach auch er sich für die Einführung des DFB-Qualifizierungskonzepts aus.
Thomas Kubera, der die Perspektive der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) beleuchtete, skizzierte in seinem Vortrag unter anderem die spezifischen Gefahrenquellen aus dem Amateur- und Profifußballbereich. Dabei bediente er sich den Ergebnissen des Forschungsprojekts „SiKomFan“, dessen Ziel es ist den Dialog zwischen Fans und Sicherheitsakteuren zu verbessern.
Als letzter Referent des Tages ergänzte Manfred Buhl die Runde um die Sichtweise des Sicherheitsunternehmens SECURITAS. Hierbei konzentrierte er sich auf die wirtschaftlichen Herausforderungen dieser Branche, denn Fußballvereine seien heutzutage „nichts anderes als wirtschaftliche Unternehmen“. Trotz der hohen Einnahmen, müssten Ausbildungskosten i.H.v. etwa 500 € pro Ordner investiert werden, die bei einer Anzahl von 300-500 Beschäftigten pro Spiel immense Kosten verursachen würden.
Tag 2, 23.10.2015 - Wachsender Anspruch - Qualität und Integrität in Sicherheitsunternehmen
„Datenschutz als interne Herausforderung für Sicherheitsunternehmen“
Den Startschuss machte dabei das insgesamt dritte Panel, welches die Gefahrenquellen des IT-Datenschutzes thematisiert hat und von Dr. Berthold Stoppelkamp, Leiter des Hauptstadtbüros des BDSW, moderiert wurde.
Digitale Hintertüren, unzureichende Sicherheitsmaßnahmen und die fehlende Sensibilisierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurden dabei als Hauptursachen von Mechthild Stöwer, Fraunhofer Institut für Sichere Informationstechnologie, genannt. Isolierte Strukturen im Bereich der IT seien im heutigen Arbeitsalltag nicht mehr wegzudenken.
Walter Schlegel, TÜV Rheinland, begann in seinem Vortrag mit der Begriffsbestimmung zur IT-Sicherheit. Diese sei dann gewährleistet, wenn IT-Systeme „manipulationsfrei funktionieren und verfügbar sind“. Dabei zeigte er auf, wie gängige Standards, u.a. ISO 27001 für Sicherheit sorgen könnten.
Aus der Sicht des Chief Information Officers und des Datenschutzbeauftragten der Europa-Universität Viadrina referierte Richard Huber. In seinen Ausführungen verdeutlichte er, wie interdisziplinär das Thema IT-Datenschutz in der Realität sei und welche vielfältigen Risiken und Gefahren dabei von allen Beteiligten identifiziert werden müssten.
Die Komplexität des IT-Datenschutzproblems in der Cloud brachte Bernd Suchomski, SSW Rechtsanwälte, zum Tragen. Die Vernetzung von weltweiten Speicherstandorten und unterschiedlichen Subunternehmen stellen die Nutzerinnen und Nutzer beim Erfassen des rechtlichen Rahmens bei Datenschutzverstößen vor große Herausforderungen.
Qualität, Management und Haftung
Schließlich erhielten die Teilnehmenden im letzten Panel einen Einblick in verschiedene Sicherheitsqualitätskonzepte aus der Praxis, der Beraterperspektive und der Wissenschaft, das von Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Rolf Stober moderiert wurde.
Die Definition und die Messbarkeit von Qualität stellten laut Marco Wilde, GSE Protect, das Hauptproblem in diesem Bereich der Sicherheitswirtschaft dar. Es sei schwer nachzuweisen, dass die Qualität stimme, denn erst, wenn etwas passiert, wird man vom Gegenteil überzeugt, so Wilde.
Dr. Harald Schloßmacher, PRW Rechtsanwälte, zeigte in seinem Vortrag auf, wie die Qualität der Sicherheitsbranche aus der Beratersicht interpretiert wird. Dabei nutzte er das Beispiel von Sicherheitspersonal in Flüchtlingsunterkünften, die nur durch Improvisation im Stande seien ihren Aufgaben nachzukommen. In diesem Zusammenhang erwähnte er, dass der 8- Punkte-Plan aus Nordrhein-Westfalen bzw. der 12-Punkte-Plan des BDSW Lösungsansätze bieten könnten.
Als letzter Panelteilnehmer referierte Prof. Dr. Stefan Siepelt zum Thema Compliance-Haftung in der Sicherheitswirtschaft. Anhand des Neubürger-Urteils zeigte er auf, wie Haftungsfragen leitender Organe im Unternehmen zu beantworten seien und stellte eine Analyse zu § 30 und §130 OWiG dar.
Fazit
Die 16. FORSI-Sicherheitswirtschaftstage haben gezeigt, dass durch die Megatrends, die sich in der demographischen Entwicklung und dem technischen Fortschritt in der Sicherheitsbranche offenbaren, weltweit ein Umdenken stattfinden muss. Es liegt nun an der Sicherheitswirtschaft und dem Staat gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, die von der Wissenschaft begleitet werden müssen. Denn die Gradwanderung zwischen Deregulierung und Überregulierung kann nur im Dialog gemeistert werden.
Ein Bericht von Mag.-iur. Alexander Matuk, LL.M.