Bericht

17. FORSI-Sicherheitswirtschaftstag

Am 27. April fand der nunmehr 17. FORSI-Sicherheitswirtschaftstag in Kooperation mit dem Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) unter der erneuten Schirmherrschaft des Bundesministeriums des Innern statt. Mehr als zwei Jahre sind zudem bereits vergangen, seitdem das Forschungsdepartement für Unternehmenssicherheit und Sicherheitswirtschaft (FORSI) an die Viadrina gezogen ist. Die drei Panels deckten die wichtigsten Themen, die die Sicherheitswirtschaft momentan auf Trab halten, ab.


Begrüßung, Eröffnung und Festvortrag

Begrüßt wurden die Referenten und Teilnehmer der diesjährigen Tagung zunächst von Prof. Dr. Alexander Wöll, dem Präsidenten der Universität, der besonders auf die wachsende Gewalt gegen Polizeibeamte aufgrund sich intensivierender Spannungen in und um Flüchtlingsheime aufmerksam machte.

Auch Dr. Harald Olschok, Hauptgeschäftsführer des BDSW, stimmte die Gäste auf die kommenden Stunden im Logensaal ein, indem er die vergangenen Monate rekapitulierte und im Hinblick auf die stetig steigenden Anforderungen an die innere Sicherheit ein Mehr an Polizeistellen für unablässig hielt.

Prof. Dr. Bartosz Makowicz richtete sich als letzter an das Publikum. So rief er den Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt letzten Jahres in Erinnerung und nach einem kurzen Überblick über die kürzlich veröffentlichen Kriminalstatistiken, warf er die Möglichkeit der Übertragung von Aufgaben an das private Sicherheitsgewerbe in den Raum.

Der Gründer des FORSI, Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Rolf Stober, veranschaulichte im Rahmen seiner Eröffnungsrede am Beispiel der Beleihung – Thema seiner Promotion – wie die Sicherheitswirtschaft von der Sicherheitswissenschaft profitiert. Bei der Übertragung hoheitlicher Befugnisse an Private zeichnet sich allerdings seit Jahren ein deutliches Bild über die zähe Zusammenarbeit zwischen der Sicherheitsbranche und der Politik ab. Bereits 1996 wurden vom FORSI etwa weitreichende Partnerschaftsregeln für die Zusammenarbeit von Staat und Privaten proklamiert, die in ähnlicher Form erst 20 Jahre später mit dem § 16a LuftSiG in Kraft getreten sind. Unter der Beachtung der entsprechend ausgeführten Einschränkungen der funktionalen Äquivalenz, des öffentlichen Interesses und der verfassungsrechtlichen Grenzen setzte man die Vorschläge aus der Wissenschaft schließlich doch um, so dass das Schlusszitat „Gut Ding will Weile haben“ auch in Zukunft berücksichtigt werden sollte.


Aktuelle Herausforderungen für die Unternehmenssicherheit und die Sicherheitswirtschaft

Unter der Moderation von Dr. Tim Stuchtey, geschäftsleitender Direktor des Brandenburgischen Instituts für Gesellschaft und Sicherheit (BIGS), gelang es dem ersten Panel den Teilnehmern die aktuellen Herausforderungen für die Unternehmenssicherheit und die Sicherheitswirtschaft darzustellen.

So brachte Mario Faßbender der Runde zunächst die Arbeit des Wirtschaftsschutzes als Nachrichten- und nicht etwa Geheimdienst nahe und machte klar, dass das Internet einen nicht zu unterschätzenden, destruktiven Einfluss haben kann, wenn es um Unternehmenssicherheit gehe. Neben Ransomware als beliebtes Erpressungsmittel, sprach Faßbender auch das Phänomen der sog. „Fake-News“ und schwer zu durchschauende Social Engineering an.

Nachfolgend präsentierte der Leiter der Unternehmenskommunikation Bernd Weiler den Gästen, welche Lösungen SECURITAS Deutschland als Sicherheitsdienstleister für ihre Kunden bietet: Stiller Alarm bei aufgebohrten oder aufgesprengten Geldautomaten, Drohnen für Feuereinsätze. Kritisch sah Weiler einen Mindestlohn im Sicherheitsgewerbe, den er als „nicht zielführend“ bezeichnete. Außerdem schlug er ein Wachregister vor und sprach sich für eine Zertifizierung von Sicherheitsunternehmen aus.

Roger Höppner schließlich unterstrich als Polizeipräsident des Landes Brandenburg, dass dieses immer sicherer werde und lobte die außerordentlich gute Zusammenarbeit mit den polnischen Beamten sowie privaten Sicherheitsunternehmen. Kritisch beleuchtete er hingegen die Nachwuchsförderung im Land Brandenburg sowie im Rest Deutschlands als auch gewaltaffine Szenen wie die der Rocker-Clubs, aber auch die der oftmals voneinander unabhängig agierenden sog. Reichsbürger.


Absicherung von Massenveranstaltungen in Zeiten realer terroristischer Bedrohungen

Prof. Dr. Stefan Haack übernahm die Moderation des zweiten Panels und gab sogleich das Wort weiter an Ralph W. Krüger, Vizepräsident der Bundespolizeidirektion Berlin, der mit einem kurzen Clip den Saal mit mehr Leben füllte: „Ohne Sicherheit ist Vertrauen nicht möglich.“ Krüger vermittelte den Zuhörern, dass der einzelne Beamte so geschult sein müsse, dass er notfalls auch allein in Stresssituationen souverän reagieren kann. Im Anschluss sprach er sich für die Einführung von Bodyscans und hochauflösender Gesichtserkennung aus, insbesondere im Hinblick auf die Absicherung von Massenveranstaltungen.

Als Vertreter für das Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel leistete Jannis Jost einen interessanten Beitrag: Jost beschäftigt sich vornehmlich mit der Radikalisierung von Menschen und dessen Identitätsbildung und konnte anschaulich darlegen, dass Terroristen im Zeitpunkt der Verübung eines Anschlags immensem Stress ausgesetzt sind, sodass jede Abweichung vom eigentlich gefassten Plan für große Verwirrung und enormen psychischen Druck sorge und so zu einem Abbruch der Tat führen könne. Genau dies sei der Ansatzpunkt für Beamte und sonstige Verantwortliche.

Sodann sprach Dr. Harald Olschok erneut zu den Teilnehmern und zeigte das Status quo der privaten Security-Branche aus der Perspektive des größten Verbands der Sicherheitswirtschaft auf. Anhand von aktuellen Zahlen und Fakten wurde die aktuelle Ausgangslage beschrieben und dabei das Verhältnis zu den heutigen und zukünftig erhofften Rechtsgrundlagen (§ 34a GewO) bzw. Qualifizierungskonzepten verglichen. Denn gerade bei Großveranstaltungen, wie der Fall der Loveparade tragisch gezeigt hat, bedarf es eines klaren ordnungsrechtlichen Rahmens für die Sicherheitsarchitektur in Deutschland. Der BDSW hat dafür ein Eckpunktepapier erarbeitet und möchte überdies in Zukunft zusammen mit dem DFB das fachspezifische Qualifizierungskonzept QuaSOD („Qualifizierung von Sicherheits- und Ordnungsdiensten“) etablieren.


Gefahren durch Flüchtlingsströme und Bewachung von Flüchtlingsunterkünften

Nicht weniger aktuell als die vorherigen Panels befasste sich das dritte und letzte Panel mit den Gefahren, die durch Flüchtlingsströme und der Bewachung von Flüchtlingsunterkünften ausgelöst werden – moderiert von Dr. Berthold Stoppelkamp.

Gewissermaßen als „Insider“ gewährte Frank Nürnberger dem Publikum einen Einblick in seinen Berufsalltag als Leiter der Zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg. Als eine der ersten Anlauf-, als auch Aufnahmestellen ist die Zentrale Ausländerbehörde prädestiniert für ein Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen. Nürnberger hob hervor, dass die Sachkundeprüfung nach § 34a GewO Pflicht für sämtliche Security-Mitarbeiter seiner Behörde sei.

Der Geschäftsführer der Nürnberger Wach- und Schließgesellschaft Ernst Steuger, bezeichnete den explosionsartigen Anstieg von Sicherheitsunternehmen der letzten Monate als „Wildwuchs“ und als deutliches Zeichen für einen Mehrbedarf an Personal in diesem Bereich. Als Vorsitzender des Fachausschusses zum Schutz von Flüchtlingsunterkünften beim BDSW rügte er ferner die fehlerhaften Vergabemethoden und fehlende Kontrollmechanismen der öffentlichen Hand, die für den Großteil der Vorfälle in diesem Zusammenhang verantwortlich seien.

Dipl.-Phys. Stefan Geh, Verantwortlicher für die Durchführung der Unterrichtung und Sachkundeprüfung nach § 34a GewO bei der IHK München, betonte ebenfalls die Bedeutung des § 34a GewO für das private Sicherheitsgewerbe und erklärte, dass die Pflicht der Teilnehmer zur Erbringung des B1-Nachweises (Deutsch) der Sicherstellung einer adäquaten Informationsvermittlung im Rahmen der Schulung diene – schließlich belaufen sich die Durchfallquoten bereits auf 50%.


Fazit

Der 17. FORSI-Sicherheitswirtschaftstag kann ruhigen Gewissens als erneuter Erfolg verbucht werden: Er dient ohne Zweifel der Schaffung und Erhaltung eines Bewusstseins im Hinblick auf Sicherheitsfragen. Sehr deutlich konnte gezeigt werden, dass Flüchtlingsströme und die Beantwortung der damit verbundenen Fragen nicht nur die Zusammenarbeit betroffener Staaten, sondern auch und vor allem die Zusammenarbeit einzelner, nationaler Institutionen erfordert. Unerlässlich ist hierbei auch ein interdisziplinärer Ansatz, um möglichst viele Facetten der Problembereiche greifbar machen und einer Lösung zuführen zu können. Nicht zuletzt der sich stetig weiterentwickelnde Bereich der Cyberkriminalität und das professionellere Vorgehen von Tätern – man denke an das Social Engineering - machen dies deutlich.

Ein Bericht von Patrick Kikillus